José Gomez bringt die aktuelle Sackgasse der allgemeinen Hochschulentwicklung auf den Punkt: „Auf der Ebene der Studiengänge, hat die normative Neuausrichtung der Hochschullehre in den vergangenen Jahren eine beispiellose Industrialisierung und Bürokratisierung vorangetrieben.“ Demgegenüber brauche es eine „Rückbesinnung auf das neuhumanistische Bildungsideal“ und „müssen in der Hochschullehre das Ausmass an Bürokratisierung,Normierung, Standardisierung und Fremdsteuerung drastisch reduziert und die Autonomie der Lehrenden sowie der Stellenwert der Fachwissenschaften gegenüber der «Praxis» wieder deutlich erhöht werden.“
Der ganze Artikel ist im Bulletin Nr. 1/2016 von FH-CH, Fachhochschuldozierende Schweiz, Seiten 11 und 12, zu finden, online unter www.fh-ch.ch/upload/2016_Februar_fh-ch.pdf.
José Gomez ist Leiter des Zentrums für Hochschulbildung der Fachhochschule St. Gallen.
Eine Ergänzung dazu: José Gomez argumentiert für mehr Unabhängigkeit der Hochschullehre von beruflicher Verwertbarkeit der Bildungsinhalte (wie sie etwa durch Bologna angestrebt wird). Dem ist gewiss zuzustimmen. Was zudem die VertreterInnen der beruflichen Verwertbarkeit ihrerseits übersehen, ist Folgendes: In Zukunft wird gerade humanistische Bildung beruflich verwertbar sein und gerade die auf berufliche Verwertbarkeit ausgerichtete BIldung wird an Bedeutung verlieren. Denn nach den nächsten Schub zunehmenden Einsatzes von „künstlicher Intelligenz“ werden vor allem drei Aufgaben bei den Menschen bleiben: kritisches Denken, Verantwortungsübernahme und Kreativität. Das ist humanistische Bildung, das ist Reformpädagogik, das ist Antipädagogik, das ist sokratische Maieutik und „ich weiss, dass ich nichts weiss“, das ist echter Dialog unter Lehrenden und Lernenden (agile Didaktik), das ist selbstgesteuertes Lernen – gerade nicht industrialisierte, bürokratisch kontrollierbare „Bildung vom Fliessband“ .
Das heisst: Gerade die an Marktverwertbarkeit Orientierten müssten gegen die aktuellen (oder darf man schon sagen: bisherigen?) Trends und für echte Bildung eintreten – wenn es ihnen mit der Nähe zur Arbeitswelt ernst ist.